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Ganzzüge – die große Innovation von Cargill

Als sich Cargill die Chance bot, die Bahntransportkosten um die Hälfte zu reduzieren und den Landwirten die Möglichkeit zu geben, ihr Getreide auf den Markt zu bringen, versuchte das Unternehmen etwas völlig Neues: Das Unternehmen erwarb so viel Getreide, dass damit 115 Güterwagen befüllt werden konnten.

January 01, 2015

Im Jahr 1966 suchte Illinois Central Railroad (ICR) nach einem Partner für die Umsetzung einer innovativen Idee. Anstatt einzelne Waggons für den Getreidetransport zu vermieten, machte die ICR den Vorschlag, den ganzen Zug zu mieten. Cargill erkannte den signifikanten Kostenvorteil durch die Anmietung von „Ganzzügen“ und die Chance, den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten auf die ganze USA auszudehnen – und stimmte zu. Dies bedeutete aber, dass Cargill in sehr kurzer Zeit eine bisher nie gekannte Menge von Getreide sammeln musste: genug, um damit 100 Waggons befüllen zu können.

Einer derartigen Herausforderung hatte sich in der Getreidebranche bis dahin noch niemand gestellt. Logistik und Preise hatten bislang dazu geführt, dass der Eisenbahntransport schlichtweg zu teuer war. Zudem waren große Getreidemengen nur einige Wochen während der Erntezeit verfügbar. Außerdem bestand die Gefahr, dass das Getreide verdarb, wenn es zu lange gelagert wurde. Das Einsammeln, Lagern und Beladen von 100 Waggons mit Getreide stellte eine große Herausforderung dar.

Cargill erkannte, dass durch Ganzzüge die Transportkosten halbiert werden konnten. Das Unternehmen wusste aber auch, dass die neue Transportroute eine neue Art von Verladestation für den Inlandstransport erforderlich machte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen die Wasserwege des Landes genutzt und lediglich einzelne Güterwaggons für den Transport gemietet.

Cargill schätzte die Bahn als Ergänzung der Wasserwege, weil damit Landwirten ohne Zugang zur Flussschiffahrt der Weg zu größeren Märkten ermöglicht wurde. Cargill erkannte die Chance, die sich durch eine einfachere Teilnahme einer größeren Anzahl von Landwirten am Markt ergeben würde, und nahm die Herausforderung „Ganzzug“ an.

Um eine Getreideladung aufzunehmen, mit der mehr als 100 Güterwaggons befüllt werden konnten, entwickelte Cargill neue Anlagen und Techniken. Die Kapazität wurde erhöht, indem das Unternehmen eine Reihe neuer Verarbeitungs- und Lagerstätten im amerikanischen Mittelwesten errichtete. Cargill entwickelte Belüftungssysteme und Trockner, um das Getreide zu lagern und auch lange nach der Ernte in perfektem Zustand zu erhalten. Zusätzlich investierte Cargill in einen neuen 3,6 Millionen Scheffel fassenden Exportterminal in Gibson City, im Bundesstaat Illinois.

Schließlich konnten die Präsidenten von Cargill und ICR im Jahr 1967 dabei zusehen, wie der erste Getreide-Ganzzug den Bahnhof von Gibson City mit 115 bis zum Rand gefüllten Waggons verließ. Mit 400.000 Scheffeln Illinois-Mais beladen, steuerte der Ganzzug auf den Exportterminal von Cargill in Baton Rouge im Bundesstaat Louisiana zu, mit dem Plan, in weniger als fünf Tagen wieder in Gibson City anzukommen.

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Ein Cargill-Ganzzug mit 115 Waggons, die mit insgesamt 400.000 Scheffeln Illinois-Mais befüllt sind
 

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Vorstandsmitglieder von Cargill und der Illinois Central Railroad bei den Feierlichkeiten zur Jungfernfahrt des Zugs

Die Fahrt verlief nicht ohne Hindernisse: Unter dem Gewicht des voll beladenen Zuges gab eine Eisenbahnbrücke nach und 14 Waggons entgleisten. Trotz der entgleisten Waggons wurde das Abenteuer bei Cargill aber letztlich als Erfolg gefeiert. Das Unternehmen verpflichtete sich zu einer Mindestabnahme von 56 Hin- und Rückfahrten für das Folgejahr und lieferte mehr als 22 Millionen Scheffel Mais nach Baton Rouge. Bald danach eröffnete Cargill einen zweiten Inland-Transportterminal in Tuscola, im Bundesstaat Illinois, und einen dritten in Linden, im Bundesstaat Indiana.

Die Ganzzüge revolutionierten die Getreidebranche und Cargill spielte dabei eine entscheidende Rolle. Mit der Zeit wurden durch die Errichtung neuer Anlagen und Belüftungsvorrichtungen die Transportkapazität und die Verfügbarkeit erhöht, sodass die Nachfrage ganzjährig befriedigt werden konnte. Das Mieten von Ganzzügen wurde zum Standard für den Transport von Massengütern und sollte in den Folgejahren eine wesentliche Beschleunigung des Wachstums landwirtschaftlicher Produktion zur Folge haben.